Das Nürnberger Rathaus und die WeltgeschichteLesezeit ~ 7 Min.

Von Torsten, 24. August 2023, aktualisiert am 24. August 2023.

Vor einigen Jahren war ich mit einem Freund in Nürnberg. Es war ein schöner Tagesausflug in die rund halbe Million Einwohner-Stadt in Bayern. Viele Sehenswürdigkeiten sowie eine wunderschöne Innenstadt warten auf den Besucher. An die führerlose U-Bahn musste ich mich allerdings erst gewöhnen. In diesem Beitrag soll es einmal um das alte Rathaus gehen und den tollen Zeitzeugen des Bildhauers Leonhard Kern.

Die Weltmächte gehauen in Stein

Viele, die am alten Rathaus zum Beispiel in Richtung der alten Burg vorbeilaufen, wissen gar nicht, was da für Skulpturen thronen. Ich glaube, nicht einmal alle Nürnberger.

Weltmächte gehauen in Stein

Das Buch Daniel im alten Testament beschreibt fünf Weltmächte. Der Bildhauer Leonhard Kern, der in der Zeit von 1588 bis 1662 lebte, schlug im ersten und dritten Portal die Symbole und Tiere aus Daniel 7 in Stein. Die Portale befinden sich auf der Westfassade in Richtung Burg. Um es zeitlich richtig zu sortieren, müssen wir kommend von der Burg in Richtung Markt gehen.

Das erste Portal, von Babylon bis Medo-Persien

Babylon bis Medo-Persien

Hier sehen wir auf der linken Seite einen Löwen mit Flügel und einen König. In Daniel 7,4 lesen wir »Das Erste glich einem Löwen und hatte Adlerflügel. Ich schaute, bis ihm die Flügel ausgerissen wurden und es von der Erde aufgerichtet und wie ein Mensch aufrecht auf seine Füße gestellt wurde und wie ihm ein menschliches Herz gegeben wurde.«

Hier sehen wir die erste Weltmacht: Babylon und König Nebukadnezar. Er regierte und lebte von 605 bis 562 v. Chr. Der geflügelte Löwe war typisch für die Zeit. Noch heute kann man im Berliner Pergamon-Museum das babylonische Ischtar-Tor sehen, was von einem geflügelten Löwen geziert wird.

Babylon wurde dann um 539 v. Chr. von den Medo-Persischen König Kyros übernommen. Dies wird auf der rechten Seite dargestellt. Zu sehen ist ein König neben einem Bären. In Daniel 7,5 lesen wir dazu »Und siehe, das andere, zweite Tier glich einem Bären; und es war nur auf einer Seite aufgerichtet und hatte drei Rippen in seinem Maul zwischen seinen Zähnen; und es wurde zu ihm so gesprochen: Steh auf, friss viel Fleisch!«

Aus der Geschichte kann der Vers detailliert erklärt werden. Die drei Rippen im Maul des Bären sind drei Reiche. Es symbolisiert Lydien, Babylon und Ägypten, die in drei großen Feldzügen besiegt wurden. Es war ein Doppelreich: die Meder (heutige Kurden) und Perser. König Kyros regierte von 539 bis 331. v. Chr. und wurde dann durch Alexander der Große abgelöst.

Das dritte Portal, Griechenland und Rom bis hin zur heutigen Zeit

Griechenland und Rom

Nun stehen wir vor dem dritten Portal, kurz vor dem Markt. Auf der linken Seite sehen wir einen geflügelten Panther und einen mächtigen Feldherren. Daniel 7,6 sagt Folgendes dazu: »Danach schaute ich weiter und siehe, ein anderes [Tier] wie ein Panther; das hatte vier Vogelflügel auf seinem Rücken; auch vier Köpfe hatte dieses Tier, und ihm wurde Herrschaft verliehen.«

Nach Medo-Persien kommt Alexander der Große mit Griechenland auf die Welt-Bühne. Den „trägen Bären“ hat er mit seiner verhältnismäßig kleinen Armee 331 v. Chr. zerschlagen. Innerhalb weniger Jahre wuchs sein Reich immer mehr an, bis nach Indien! Allerdings hatte Alexander der Große einen ausschweifenden Lebensstil, der ihm bereits im Alter von 32 Jahren das Leben kostete. Sein Reich wurde 168 v. Chr. unter seinen vier Generälen aufgeteilt – symbolisiert durch den vier Köpfe des Panthers.

Das letzte Bild sehen wir am gleichen Portal rechts. Ein Tier, das es eigentlich nicht gibt, furchterregend, mit 10 + 1 Horn. Daniel 7,7-8 beschreibt es so: »ein viertes Tier, furchterregend, schrecklich und außerordentlich stark; es hatte große eiserne Zähne, fraß und zermalmte und zertrat das Übrige mit den Füßen; es war ganz anders als alle vorherigen Tiere und hatte zehn Hörner. Während ich achtgab auf die Hörner, siehe, da stieg ein anderes, kleines Horn zwischen denselben auf, und drei der vorherigen Hörner wurden vor ihm ausgerissen; und siehe, dieses Horn hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul, das große Dinge redete.«

Die Geschichte bestätigt, hier ist die Rede vom „Eisernen Rom“ 168 v. Chr. bis 476 n. Chr. Zu sehen ist der wohl berühmteste Kaiser Julius Cäsar. Seine Armee war »Eisern«, symbolisiert durch eiserne Zähne. Sie kämpften unerbittlich und brachen jeden Widerstand. Dieses Reich umfasste bald den ganzen Mittelmeerraum. Auch viele Christen, die sich nicht nach dem Kaiser richten wollten, sondern nach dem Wort wurden grausam verfolgt. Die zehn Hörner stehen für zehn germanische Stämme innerhalb des römischen Reichs: Angelsachsen, Franken, Alemannen, Lomberden, Ostgoten, Burgunder, Herulen, Westgoten, Sueven, Vandalen. Es kam die Zeit von Kaiser Konstantin. Zu dieser Zeit gab es ca. 85 % Heiden und 15 % Christen. Im Folgenden kam es zur Zwangschristianisierung, bei der die Christen als Minderheit die Bräuche der Heiden annehmen mussten. Es gab viele Aufstände unter den Christen und viel Blutvergießen.

Die Hörner und das heutige Europa

Wer sich die Skulptur des Tieres mit den zehn Hörnern genau ansieht, findet ein Detail, was sich nicht in Daniel 7 findet. Das 11. Horn trägt einen Turbar, was eher auf die Türkei statt Rom deutet. Aber dies passt nicht, wenn das Kapitel im Ganzen betrachtet wird.

Das kleine „Horn mit Menschenaugen“, wie es auf dem Portal zu sehen ist, deutet auf einen „besonderen Menschen“ an der Spitze hin. In dem Zusammenhang passt es nur auf das Papsttum. Die drei Hörner, die herausgerissen wurden, sind drei der zehn germanischen Stämme, die nicht mit den heidnischen Einflüssen einverstanden waren. Geschichtlich passt es auf den Vandalen, Herulen, Westgoten, die förmlich zerschlagen wurden. Wie man sieht, kommt hier das Papsttum nicht so gut weg. Die Katholische Kirche legt es deshalb auch so aus, dass dieses Reich auf die heutige Türkei passt, sofern man nur einzelne Verse betrachtet. Denn dieses Reich wird 1260 Jahre lang regieren, bis es entmachtet wird. Dies passt nicht auf die Türkei. Aber sehr wohl auf das Papsttum, genauer gesagt dessen uneingeschränkte Herrschaft. Es ist die Zeitspanne 538 n. Chr. bis 1798. Das Papsttum wurde dann 1798 durch Napoleon beendet, in dem er den Papst gefangen nahm. Die Bibel bezeichnet dies als tödliche Wunde, beschreibt an anderer Stelle aber auch, dass diese Wunde wieder heil geworden ist. Aber das liegt in der Zukunft.

Aus den 10 germanischen Stämmen entstand das heutige Europa. Als Jesus auf dieser Erde war, sprach er von einem weiteren, ewigen Reich, ohne Not, Krankheit und Sorgen. Wo die Bilder auf den Portalen am Nürnberger Rathaus enden, geht es in Daniel 7,14 weiter: »Und ihm wurde Herrschaft, Ehre und Königtum verliehen, und alle Völker, Stämme und Sprachen dienten ihm; seine Herrschaft ist eine ewige Herrschaft, die nicht vergeht, und sein Königtum wird nie zugrunde gehen.«

Die Skulpturen wurden 1617 in Stein gemeißelt, gut 100 Jahre nach Beginn der Reformation. Die Nürnberger Stadträte hatten sich auf die protestantische Seite Luthers gestellt und wollten dies hier zum Ausdruck bringen. 500 Jahre nach der Reformation, ist leider vieles vergessen …

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